B a u beratung
Baubiologie & Feng Shui
Sabine Schubert

Baubiologische Sanierung eines Landarbeiterhauses aus den 50ern

Kauf

Vor 2 Jahren, im Juli 2003 habe ich mir ein Haus gekauft. Eigentlich mehr zufällig, mein Freund wollte in meine Nähe ziehen und suchte für sich eine kleine Wohnung. Aber alles, was wir anschauten, gefiel uns nicht. Dann kamen wir auf die Idee zusammenzuziehen, was wir aus Vernunftgründen „nicht zu schnell zu nah“ bisher nicht in Erwägung gezogen hatten. Wir fanden dieses kleine Einfamilienhäuschen, das bis vor kurzen noch bewohnt war.

Situation

In Schmerwitz, einem kleinen Dorf in Brandenburg, ca. 100 km süd-westlich von Berlin wurde das große Rittergut nach Kriegsende zum Volkseigenen Gut. Durch die Aufnahme von Flüchtlingen wurde auch hier der Wohnraum knapp. Anfang der 50er Jahre wurde hier eine einmalige Lösung gefunden: Das Ensemble der Landarbeiterhäuser. Nach Bedarf und als Anerkennung für gute Arbeitsleistungen wurden den Landarbeiten (Aktivisten) die Häuser auf Dauer zur Miete vergeben.

Die Häuser sind minimalistisch, aber genial gebaut worden. Sie haben einen Wohn- und einen Wirtschaftsteil unter einem gemeinsamen Dach auf ca. 92 m2 Grundfläche. Der Wohnungsteil: 4 Zimmer, Küche + Bad, ist unterkellert und aus massiven 36,5er Ziegelmauerwerk gebaut worden. Der Wirtschaftsteil, eine verbretterte Fachwerkkonstruktion, beherbergte einen Stall für Schweine und Hühner, eine Waschküche und Speicher. Zusammen mit dem Grundstück von ca. 1000 m2 war das ein Konzept zur Selbstversorgung für eine 4-köpfige Familie. Die Häuser stehen heute unter Denkmalschutz.

Einzug

Als ich in 2003 das Haus kaufte, war ich erst einmal froh, mit meinem Freund sofort zusammenziehen zu können. Es gab funktionierende Einzelöfen, Fenster, Boden und Wände waren intakt und das Haus hatte in seiner Einfachheit Charme.

Wir rissen die verschimmelten Tapeten von den Wänden, entfernten alte Linoleumböden, strichen Küche und 3 Zimmer mit heller Farbe und richteten uns provisorisch ein. Es war mein erster Winter in einem nicht gedämmten Haus mit Einzelöfen, die keine Wärme speichern können – und ich bin froh, vorerst einmal auch mein letzter.

erste Baumaßnahmen

Unsere erste größere Maßnahme: Trockenlegung des Kellers. Eine Firma wurde beauftragt, die Wände im UG wurden mit Wasserglas injiziert – eine neue Horizontalsperre. Dann, am Ende des Winters, Einbau eines Gasbrennwertkessels und Heizkörper in die wichtigsten Räume. Warmes Wasser, ahh.

Planung

In der Zwischenzeit hatte ich mich als Architektin selbstständig gemacht und das Fernstudium beim IBN begonnen. So war ich dann nicht nur Bauherrin, sondern konnte meine ersten Erfahrungen beim eigenen Projekt als Architektin und angehende Baubiologin machen. Im Bauantrag steht Dachgeschoss-Ausbau und Fassadenänderung.

Das Dach musste erneuert werden, der Speicher sollte als weiterer Wohnraum ausgebaut werden. Der ehemalige Stall sollte mein Büro werden. Dieser Raum sicherte damals die Ernährung und sollte auch mir für meinen Broterwerb dienen. Beim Entfernen der Verbretterung wurde schnell klar, dass es billiger kommt, wenn wir den gesamten Holzanbau abreisen und neu aufbauen, als verrottete Fußschwellen auszutauschen etc.

Bauphase Sommer 2004

Da wir auch neue Fundamente errichten mussten, die alten Feldsteinfundamente bröselten auseinander, entschieden wir uns kurzfristig, auch um das gesamte Haus herum aufzubaggern und dem Haus noch eine Vertikalsperre zu geben. Die Kellerwand, innen eine Ziegelwand, außen Natursteinmauerwerk wurde mit Schlemmputz und anschließendem Schwarzanstrich versehen. Als Dämmung haben wir uns für ein Experiment entschieden: Schaumglasschotter hinter einer Drainage-Noppenbahn als Trennlage zum Erdreich. Mühsame Handarbeit mit viel Schippen. Danach wurde das Fundament für den Anbau erstellt.

Der ganze Anbau wurde in Holzrahmenbauweise neu erstellt. Die Holzrahmen wurde hinter dem Haus im Garten zusammengezimmert. Dann mit einer Eigenkonstruktion aus einem alten Mofaanhänger zum Haus transportiert und mit Fermacellplatten einseitig beplankt. Sie sind auch die aussteifenden Platten der Konstruktion. Auf eine Installationsebene wurde verzichtet, da Heizungsrohre im Boden verlegt und Elektroleitungen aufs nötigste reduziert wurden. Aufgestellt wurden die Elemente mit Muskelkraft und mit einem Flaschenzug.

Nach dem Richten des Anbaus und des neuen Dachstuhls (eine Hälfte des Dachs wurde komplett erneuert) wurden DWD-Platten als Unterdach aufgenagelt und die Holzrahmenelemente von außen mit Holzweichfaserplatten beplankt. Dann wurde das Richtfest gefeiert.

Für die DWD-Platten entschieden wir uns, trotz der Informationen, das diese Isocyanate enthalten. Um das Dach über der ausgebauten Seite luftdicht zu bekommen war viel Pfriemelarbeit nötig. Das erforderte einen sicheren Stand auf dem Unterdach. Holzweichfaserplatten in gleicher Stärke hätten das nicht leisten können. Auf die Idee stärkere Holzweichfaserplatten zu nehmen kamen wir nicht. Die ausgebauten Zimmer, die auch während der Bauzeit genutzt wurden, wurden mit Luftdichtungsbahnen eingepackt, zwischen den Sparrenfeldern und auf dem Sparren mit Kautschukkleber und Tacker verbunden.

Nachdem alles winddicht war, wurde das Dach neu gedeckt, dann im neuen Dachzimmer die Luftdichtungsbahnen angetackert. Als Dämmung wurden Zelluloseflocken in die Sparrenebene des Daches und in die Holzrahmenebene der neuen Wände eingeblasen. Im neuen Dachraum wurde der in der Mitte stehende Schornstein mit einer Wandheizung und einem kreativ selbst gestalteten Lehmputz versehen.

Neue Fenster wurden nach Vorgabe Denkmalschutz eingebaut. Der Anbau bekam eine hinterlüftete Lärchenverschalung. Im Wohnbereich wurden Wände mit Lehm verputzt. Der Dachausbau erfolgte mit Gipsfaserplatten und der Fußboden erhielt eine Kieferndielung, geschliffen, geölt und gewachst wurde in Eigenleistung.

Eigenleistungen

Neben der Planung war ich selbst auch viel auf der Baustelle, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Auf jeden Fall habe ich gelernt, dass handwerkliches Können viel Übung, Erfahrung und auch Kraft voraussetzt. Meine Wertschätzung für die gesamte gebaute Umwelt ist dadurch enorm gewachsen. Als handwerklicher Laie war ich schnell mit vielen Arbeiten überfordert. Trotzdem bin ich stolz auf meine ersten selbstgeputzten Wände, auf kleinere Sägearbeiten etc.. Eine gute Absprache im Vorfeld mit Handwerkern und Bauherren ist unbedingt nötig.

Problem Keller

Nach einem Praktikum Schimmelpilzsanierung, wusste ich, der Schimmel in unserem Keller muss entfernt werden. Wir hatten viel im Keller gelagert, fast alles war angeschimmelt. Die Ziegelsteine, die als Bodenbelag dienten, hatten einen schwarzen Schimmelbelag. Die Luftfeuchte betrug 99% in Bodenhöhe. In Schutzausrüstung haben wir alles herausgetragen, die Sachen verbrannt, vieles weggeschmissen, manches desinfiziert. Dann mit Helfern alle Ziegelsteine herausgetragen und bis Unterkante Fundament den Sand (ca. 10 cm) darunter in Eimern heraustransportiert. Anschließend wurden 15 cm Kies (16/32) als kapillarbrechende Schicht eingebracht und ein Bautrockner und eine Bauheizung für eine Woche hineingestellt. Ca. 50 Liter holten wir in dieser Woche heraus. Aber die 99 % Luftfeuchte wurde schnell wieder erreicht. Jetzt lüften wir konsequent, wenn die Außentemperatur niedriger als die Kellertemperatur ist und warten darauf, dass die Feuchtigkeit mit der Zeit aus den Wänden trocknet.

Bauphase 2005

Dieses Jahr wurde der Wohnungsteil des Hauses neu verputzt und mit den Außenanlagen begonnen. Die Ost- und die Westseite wurde als WDVS mit Holzweichfaser-platten ausgeführt. Die Sockel, die als Natursteinsockel aus Denkmalschutzgründen erhalten werden sollten, wären eine starke Wärmebrücke gewesen und der Überstand von ca. 15 cm hätte nicht schön ausgesehen. Wir haben z.t. den Sockel gedämmt und mit Porphyrplatten neu beklebt. Dadurch gibt es wieder die schöne Natursteinoptik und der Überstand entspricht dem ursprünglichem. An der Südseite haben wir einen Wärmedämmputz aufgetragen, der anstatt Polystyrolkügelchen geblähtes Recyclingglas als Zuschlagsstoff beinhaltet. Die Südseite hat ja auch immer Energiegewinne, von daher haben wir uns für diesen Kompromiss entschieden.

Zur Zeit werden die Außenanlagen (Wege und Parkplätze) fertig gestellt, naturnahe Pflanzungen folgen dann im nächsten Frühjahr. Als Plattenbelag haben wir uns z.t. für alte Straßenziegel vom städtischen Bauhof entschieden. Das wirkt lebendig und ist als Recyclingprodukt auch nachhaltig.

Weiterhin geplant ist, das Bad zu sanieren, was dringend nötig ist, da ich einen Verdacht auf starken Schimmelpilzbefall unter der Badewanne habe.

Und die nachträglich eingebaute Wand zwischen Küche und Wohnzimmer soll wieder entfernt werden, um dem Haus mehr Großzügigkeit zu verleihen. Dann endlich wird der Wohnzimmerboden erneuert und der Flur renoviert. Es gibt immer noch genug zu tun, und meine Kostenschätzung von damals hat sich locker verdoppelt.

Schlussgedanken

Die Sanierung dieses Hauses ist gleichzeitig mein Lehr- und Meisterstück als Architektin und Baubiologin. Vieles werden wir in den nächsten Jahren beobachten können und werden sehen, was sich bewährt und was nicht. Wenn einem Leser Anregungen oder Kritik dazu einfallen, bin ich für Rückmeldungen dankbar. Dieses Haus ist durch die verschiedenen Materialien und Bauweisen auch ein Teil meiner Baustoffausstellung geworden. So kann ich Massiv- u. Leichtbauweise, gestaltete Lehmreliefs, verschiedene Oberflächen und vieles mehr zeigen. Beim Entwurf der Konstruktionsdetails war der Bauingenieur und Zimmermann Dipl.-Ing. Michael Nahrath beteiligt.

Sabine Schubert
Architektin und Baubiologin IBN
(im September 2005)